Wärmeschutz lohnt sich, verkünden Bundesregierung und Interessenverbände. Tatsächlich macht sich energetische Sanierung oft erst nach Jahrzehnten bezahlt. Hausbesitzer müssen bei jeder einzelnen Maßnahme genau kalkulieren.

Ein paar Wochen lang dauerte das Sägen, Hämmern und Bohren. Das war zwar nicht leicht zu tolerieren für einen 81-Jährigen. Aber Werner Wechsler, ein früherer Bauschreiner, und seine Frau Doris, 79, ertrugen Lärm und Staub. Dafür bekamen sie als Mieter neue Fenster und einen restaurierten Balkon – und das ganze Gebäude einen frischen Anstrich und einen besseren Schutz vor Kälte. Das Rentnerpaar wohnt in einem mehrstöckigen Wohnblock in Dortmund-Wambel, in einem der vielen Häuser, welche die Deutsche Annington seit Monaten saniert, um Energiekosten zu senken.

Immobilien-Konzerne investieren hunderte Millionen Euro

100 Millionen Euro steckte das größte nationale Immobilienunternehmen 2014 in die energetische Sanierung von 10.000 Wohnungen. In diesem Jahr will der Konzern doppelt so viel Geld für Modernisierungen ausgeben.

Die Annington macht, was die Bundesregierung sich von möglichst vielen Hausbesitzern wünscht: Sie hilft, Energie zu sparen und damit den CO2-Ausstoß zu senken. Doch was sich für einen Konzern rechnet, der bundesweit mehr als 180.000 Wohnungen besitzt, muss nicht für jeden privaten Eigentümer die richtige Lösung sein. Oft stehen Kosten und Einsparungen in keinem vertretbaren Verhältnis zueinander. Die ambitionierten Klima-Ziele, die sich Berlin gesetzt hat, lassen sich aber nur erreichen, wenn die deutschen Eigenheimbesitzer einen beträchtlichen Beitrag leisten. Bis 2020 will die Bundesregierung den Wärmebedarf im Gebäudebereich um 20 Prozent und bis 2050 den Verbrauch von Primärenergie (also Erdgas, Öl, Kohle) um 80 Prozent absenken. Dafür stellt die Regierung derzeit Fördermittel von rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung – vor allem über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Darlehen und Zuschüsse an sanierungswillige Bauherren vergibt. Ab 2016 sollen weitere 200 Millionen Euro jährlich hinzukommen.

Kommt ein Steuerbonus für energetische Sanierungsmaßnahmen?

Zudem diskutiert Berlin über einen Steuerbonus für energetische Sanierungsmaßnahmen. Zehn Prozent der Kosten könnten demnach über einen Zeitraum von zehn Jahren von der Steuerschuld abgezogen werden.

Insgesamt, so die Botschaft, sei Energiesparen eine lohnende Angelegenheit. Bis zum Jahr 2050 kosteten zusätzliche Wärmedämmung und ähnliche Maßnahmen in Deutschland 200 Milliarden Euro – und könnten 370 Milliarden an Energiekosten einsparen. So lautet das Ergebnis einer Untersuchung des Forschungsinstituts Prognos im Auftrag der KfW.

Das klingt verlockend – Umwelt schützen, Heizkosten sparen und dafür noch staatliche Förderung kassieren. Die Kalkulation hat allerdings einen Haken. Sie geht nicht in jedem Fall auf. Zumindest dann nicht, wenn man die Investitionen im Einzelfall betrachtet. Der Ökonom Markus Glasl hat für das Deutsche Handwerksinstitut ausgerechnet, wie lange es dauert, bis sich bestimmte Ausgaben amortisieren. Die Ergebnisse sind teilweise ernüchternd.

In Glasls Beispiel, einem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1970 mit 150 Quadratmeter Wohnfläche, muss der Eigentümer mindestens 40 Jahre warten, bis sich die 35.000 Euro teure Dämmung der Hauswände über die gesunkenen Heizkosten bezahlt gemacht hat. Deutlich schneller lohnen sich der Austausch der Heizung oder der Fenster. Hier kann der Eigentümer nach neun beziehungsweise 15 Jahren das ausgegebene Geld wieder einsparen. „Viele Sanierungsmaßnahmen sind mit sehr hohem finanziellem Aufwand verbunden, der sich alleine über die niedrigen Energiekosten erst nach 20, 30 oder mehr Jahren amortisiert“, fasst Glasl zusammen.

 Quelle: FOCUS