Haus schätzen – was zählt zur Wohnfläche?

Beim Hauskauf und -verkauf ist die Wohnfläche der entscheidende Punkt für den Wert der Immobilie. Dennoch unterscheidet sich bei rund 80% der Kauf- und Mietverträge die angegebene von der tatsächlichen Größe. Wie Sie sich als Eigentümer, Mieter oder Verkäufer vor finanziellen Verlusten schützen können, erfahren Sie hier im Blog.

Wohnflächenverordnung – inwieweit anwendbar?

Wie in vielen Bereichen ist auch die Wohnflächenberechnung in Deutschland durch Vorschriften geregelt. Trotz Fülle an Richtlinien und Regeln ist die bekannteste Vorgehensweise die Wohnflächenverordnung. Das rührt vor allem daher, dass diese häufig in Gerichtsurteilen zitiert wird.

Trotzdem ist die Wohnflächenverordnung nicht für alle Fälle gültig. Denn die Wohnflächenverordnung gilt nur für den preisgebundenen Wohnungsbau. Das heißt nur für den öffentlich geförderten, nicht aber für den privat bzw. freifinanzierten Wohnungsbau.

Wohnflächenberechnung nach DIN

Vielleicht ist Ihnen beim Kauf oder bei Anmietung schon einmal die Frage nach der Wohnflächenberechnung nach DIN begegnet? Diese bezieht sich auf die Normen DIN 283 und 277. Die erste Norm bezog sich tatsächlich auf den freifinanzierten Wohnungsbau, wurde jedoch vor bereits über 30 Jahren ersatzlos zurückgezogen.

Die DIN 277 bezieht sich hingegen auf Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau. Eine Regelung zur Wohnfläche ist auch hier nicht vorzufinden. Daher scheidet auch diese Norm zur Wohnflächenberechnung aus.

Wohnflächenberechnung – Definition einer Wohnfläche

Eine Regelung zur Wohnflächenberechnung existiert folglich nicht (mehr). Stellt sich die Frage: Wie wird eigentlich die Wohnfläche definiert? Auch hier gibt es wiederum keine klare Definition.

Laut dem Bundesgerichtshof (BGH) legt der allgemeine Sprachgebrauch des Wortes ‚Wohnfläche‘ keine verpflichtende Art der Berechnung fest. Der Begriff ist Auslegungssache. Das heißt, im Einzelfall ist zu entscheiden, welche Fläche zum Wohnen geeignet ist und welche nicht.

Urteile des BGH zeigen, dass Parteien im freifinanzierten Wohnungsbau auch frei in der Wahl der Berechnungsmethode sind. Wenn jedoch keine Grundlage vereinbart wurde, greift auch hier die Wohnflächenverordnung.

Generell gilt: Als Verkäufer sind Sie verpflichtet, die Berechnungsmethode bekannt zu geben. Als Käufer haben Sie andersherum das Recht auf Transparenz.

Die Wahl der Berechnungsmethode kann jedoch zu starken Unterschieden führen. Diese wiederum können Mietminderung bzw. einen geringeren Wert der Immobilie zur Folge haben.

Wie also das Haus schätzen?

Viele der gängigen Berechnungsmethoden unterscheiden sich deutlich. Dies betrifft beispielsweise die Anrechnung von Grundflächen:

  • Wintergärten
  • Schwimmbäder
  • Balkone
  • Loggien
  • Terrassen
  • Aber auch die Wohnungsflächenverordnung an sich ist nicht eindeutig. Denn diese gibt vor, dass Außenflächen wie Terrassen oder Balkone mindestens zu einem Viertel, nicht aber mehr als 50% mit in die Wohnfläche einberechnet werden dürfen.

    Weitere Unterschiede sind auch bei Flächenmaßen aufzufinden. Die Wohnungsflächenverordnung fußt auf Fertigmaßen, während bei anderen Berechnungswegen auch Rohbaumaße mit pauschalen Putzabzügen möglich sind.

    Hier geht es also wie so oft ums Detail. Wichtig beim Haus-Schätzen sind folglich fundierte Kenntnisse über aktuelle Rechtsprechungen und sachverständige Interpretationen. Denn ein Balkon, der in Richtung einer vielbefahrenen Straße liegt, bietet wenig Wohnqualität. Ein halb so großer Balkon mit ruhiger Hinterhaus-Atmosphäre kann jedoch als Teil der Wohnfläche zählen.

    Bei der Wohnflächenberechnung besteht keine Flächentoleranz mehr

    Die Variation an Berechnungswegen macht deutlich: Eine exakte und objektiv nachvollziehbare Wohnflächenberechnung scheint unmöglich. Intuitiv würde man hier auf Toleranz setzen. Häufig entdeckt man in Immobilienangeboten einen ungefähren Wert, verdeutlicht durch das ‚circa‘ (ca.).

    Allerdings steckt auch hinter diesem ca. eine Rechtsregelung. So legt der Bundesgerichtshof eine Flächentoleranz von max. 10% fest. Für alle Eigentümer sei noch darauf hingewiesen, nicht blind auf die Angaben von Maklern zu vertrauen. Im Ernstfall haftet der Vermieter bzw. der Verkäufer.

    Wie also die Wohnfläche berechnen?

    Als Faustregel zur Berechnung kann das Verhältnis von Geschossfläche zu Wohnfläche herangezogen werden – 100 zu 80. Daraus ergibt sich also: Geschossfläche minus 20% gleich Wohnfläche.

    Die Geschossfläche ermitteln Sie durch die Außenmaße einer Immobilie. Diese lassen sich anhand der Kasterkarte oder Grundrisse ablesen. Ein Einfamilienhaus besteht aus Keller, Erd- und Dachgeschoss. Wenn Erd- und Dachgeschoss ausgebaut sind, der Keller jedoch nicht, müssen nur die ersten beiden berücksichtigt werden. Vorsicht aber vor Giebel und Dachschrägen, hier vermindert sich die Fläche wiederum.
    Die Urteile und fehlenden Vorschriften für freifinanzierten Wohnungsbau erschweren eine objektiv nachvollziehbare Wohnungsberechnung enorm.

    Sie wollen Licht ins Dunkle bringen? Gerne helfen wir Ihnen mit unserer jahrelangen Erfahrung als sachverständige Immobilienbewerter in Gelsenkirchen und Umgebung. Rufen Sie uns an (+49) 209 – 43079899, schreiben Sie uns über unser Kontaktformular oder per E-Mail. Wir beraten Sie gerne individuell.