Der hohe Anteil von 100%-Finanzierungen in einzelnen Großstädten versetzt die Deutsche Bundesbank in Alarmbereitschaft. Sollte es an den stark kreditfinanzierten Wohnimmobilienmärkten zu einem Rückgang der Preise und entsprechenden Kreditausfällen kommen, sei die Finanzstabilität in Gefahr.

Entsprechend trifft die Bundesbank Vorkehrungen, um auf eine Überhitzung am Immobilienmarkt umgehend reagieren zu können. “Wir beobachten den Immobilienmarkt sehr genau. Sobald wir Gefahren für das Finanzsystem erkennen, werden wir handeln”, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2014 heute Mittag in Frankfurt.

Bislang bergen steigende Preise bei Wohnimmobilien keine übermäßigen Risiken für die Finanzstabilität, sagte Buch. Es gebe kaum Hinweise auf ein prozyklisches Verhalten der Banken bei der Kreditvergabe. In den vergangenen Jahren habe sich das Kreditvolumen lediglich um 2% p.a. erhöht, während die Kreditvergabestandards kaum verändert wurden. “Eine destabilisierende Wechselwirkung zwischen Kreditvergabe und Preisentwicklung ist bisher nicht zu erkennen.” Ohnehin habe der Preisdruck auf den Immobilienmärkten in letzter Zeit etwas nachgelassen. In der Breite gebe es keine Hinweise auf übertriebene Preise, unterstrich die Bundesbank-Vizepräsidentin.

Trotzdem deuteten die in Ballungsräumen keineswegs unüblichen 100%-Finanzierungen auf “strukturelle Anfälligkeiten im deutschen Bankensystem” hin. Auch wenn die Folgen aus einem Preisrückgang, nämlich höhere Ausfallraten und Gewinnrückgänge, beherrschbar seien, zeige die Erfahrung, dass Immobilienkrisen meistens mit einer allgemeinen wirtschaftlichen Eintrübung einhergehen. In der Summe könnte dies zu einer erheblichen Belastung für die Banken werden, so Buch.

Bundesbank prüft gesetzliche Grundlage für LTV-Deckelung

Für die Bundesbank leitet sie daraus zwei Handlungsempfehlungen ab: Zum einen sollen Datenlücken durch Umfragen bei den Banken geschlossen werden. Dadurch sollen vor allem bessere Quervergleiche, z.B. über die Kreditbedingungen, ermöglicht werden. Zum anderen sollen gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, um Instrumente zur Stabilisierung bei Bedarf sofort einsetzen zu können. Buch nennt beispielhaft eine Deckelung der Beleihungshöhe (Loan-To-Value-Ratio). Zur Einführung einer solchen gebe es derzeit noch keine gesetzlichen Grundlage. “Im Moment sehen wir zwar keinen akuten Handlungsbedarf. Wir wollen aber vorbereitet sein, wenn sich unsere Einschätzung ändert”, sagte Buch.

Eine potenzielle Gefahr für Übertreibungen sieht die Bundesbank auch in den niedrigen Zinsen. Die Folge: Die deutschen Banken konnten ihre Verschuldung zwar verringern, leiden allerdings unter schwachen Erträgen. Indizien für ein übertriebenes Verlangen nach Renditen gibt es laut Buch es vor allem auf den Märkten für Unternehmensanleihen und bei syndizierten Krediten. Ihr Vorstandskollege, Andreas Dombret, warnte davor, dass vor allem ertragsschwache Banken zu einer erhöhten Risikobereitschaft neigen könnten. Bei einem abrupten Zinsanstieg würde dies zu starken Belastungen führen. In Kombination mit anderen Risiken, die dann schlagend werden, sei auch die Finanzstabilität in Gefahr. Er empfiehlt den Instituten, sich auf solch ein Szenario vorzubereiten und für ausreichend Eigenkapitalpuffer zu sorgen. Ebenfalls auf der Ratschlagliste von Dombret steht der Ausbau des Nichtzinseinkommens bei den Banken, etwa durch Provisonsgeschäfte.

Quelle:  Immobilien Zeitung